Von Eisenach nach Erfurt
Im thüringischen Nessetal, im Thüringer Becken zwischen Gotha und Eisenach, ist ein neuer Bahntrassenradweg entstanden: der Nessetalradweg. Er stellt eine 65 km lange Verbindung zwischen Eisenach und der Landeshauptstadt Erfurt her und ist auch als Alternative zum Radweg Thüringer Städtekette oder als Rundkurs nutzbar
Eisenach, am Nordrand des Thüringer Waldes gelegen, gehört mit seiner Wartburg zu den ganz großen historischen Schauplätzen Mitteldeutschlands. Aber nicht nur Geschichte hat die Region zu bieten, sondern auch Landschaften vom Allerfeinsten. Weniger bekannt ist die Gegend nördlich des Flüsschens Hörsel, die bis an die Berge des Naturparks Hainich grenzt. Während der Radweg Thüringer Städtekette (und D4 Route) im Tal der Hörsel verläuft, führt der Nessetalradweg auf der Trasse der ehemaligen Bahnstrecke Bufleben–Großenbehringen an den Ufern der Nesse entlang. einem über 50 km langen, wasserreichen Nebenfluss der Hörsel.
Ganz einfach hat es der Radler nicht, wenn er von Eisenach zum Startpunkt am Sportflugplatz Eisenach-Kindel gelangen will, denn es sind etwa 120 Höhenmeter zu überwinden. Die etwa 15 km lange "Zubringerstrecke" wurde inzwischen durch zusätzliche Radwege erschlossen und beschildert. Von Eisenach nach Stockhausen wurde 2017 ein neuer Radweg entlang der Bundesstraße 84 gebaut, von dort aus erreicht man über asphaltierte Wirtschaftswege und Nebenstraßen den Flugplatz Kindel und damit den Beginn des Radwegs auf der Bahntrasse.
Bahnhof Wangenheim
Alternative Strecke: Da der Anstieg von Eisenach nach Kindel dem Radler einige Höhenmeter abverlangt, soll noch die Route entlang der Nesse nach Friedrichswerth erwähnt werden. Ab Stockhausen kann man abseits der Hauptstraßen auf teils asphaltierten Wirtschaftswegen und gut befahrbaren Feld- und Waldwegen ohne größere Steigungen immer im Tal der Nesse über Wenigenlupnitz und Haina nach Friedrichswerth fahren, wo man am ehemaligen Bahnhof in den Nessetalradweg einsteigen kann.
Nach dem Start am Flugplatz Kindel und einem holprigen Abschnitt auf einer alten Betonstraße, rollt man zunächst bergab ins Tal auf der aspahltierten Trasse. Entlang der Nesse gleitet man durch die Auen und genießt die einsame Landschaft mit den eingestreut Dörfern zwischen Hainich und Thüringer Wald. Zwischen Gotha im Süden und der Fahner Höhe im Norden durchquert der Radweg das Thüringer Becken bis an den Stadtrand von Erfurt, wo im Stadtteil Alach die Nesse entspringt.
Die eingleisige "Nessetalbahn" zwischen Bufleben und Großenbehringen, die von der Bahnstrecke Gotha-Leinefelde abzweigte, wurde am 1. Mai 1890 in Betrieb genommen und nach dem 2. Weltkrieg im Jahr 1947 zunächst stillgelegt und als Reparationsleistung abgebaut. Da sich in der Nähe des heutigen Flugplatzes Eisenach-Kindel ein sowjetischer Truppenübungsplatz befand, baute man die Strecke nach Friedrichswerth und einen Anschluss nach Kindel bis 1954 wieder auf. Nach der Wende und dem Abzug der sowjetischen Truppen wurde 1994 zunächst der Güterverkehr, 1995 dann auch der Personenverkehr eingestellt. 2007 wurden die Gleise entfernt.
Im Jahr 2011 wurde der 1. Abschnitt des Radwegs auf der Bahntrasse zwischen Goldbach und Kindel fertiggestellt, der Abschnitt Goldbach -Warza folgte 2012. Im Jahr 2014 folgte der Abschnitt Warza - Bufleben, allerdings nicht auf der alten Bahntrasse. Ende 2014 war der gesamte Radweg bis Erfurt befahrbar.
Wer mit der Bahn nach Eisenach anreist, verlässt den Bahnsteig am besten durch den hinteren, nördlichen Ausgang. Vielleicht wurden dort inzwischen am Bahnhof auch Wegweiser zum Nessetal aufgestellt, die Wegweiser der Thüringer Städtekette (D4 Route) gegenüber des Haupteingangs sind jedenfalls nicht zu übersehen.
Alternativ kann man vom Hauptausgang in östlicher Richtung der Bahnhofstraße und links durch die Unterführung zur der B19 stadtauswärts folgen. An der Tankstelle bei der Nessebrücke trifft man auf die beschilderte Strecke. Falls vorhanden, folgt man den Wegweisern zum Industriegebiet und Flughafen Kindel.
1. Anfahrt zum Bahntrassenradweg: Von Eisenach zum Flugplatz Kindel
Der offizielle Startpunkt befindet sich in Eisenach am Marktplatz.
Hier befinden sich die Wegweiser der Radwege der Region, der Thüringer Städtekette und des Nessetalradwegs. In nördlicher Richtung durch die Marktgasse, dann rechts abbiegen. Kurz danach trennen sich die beiden Radwege, zum Nessetalradweg links ab Richtung Stockhausen (Wegweiser!). Insgesamt sind 130 Höhenmeter auf 15 Kilometer zum Beginn des Bahntrassenradwegs am Flugplatz Kindel bewältigen. Dort erwartet den Radler dann eine schöne, sanfte Abfahrt ins Nessetal.
Am Automuseum links abbiegen, nicht ohne einen Blick auf die denkmalgeschützte "Doppelkurbelkniehebeltiefziehpresse" zu werfen! Vorbei an den alten Fabrikanlagen des Automobilwerks Eisenach (AWE).
An der Hörsel entlang, dann links ab über die Brücke. Im Hintergrund erkennt man gerade noch den Zusammenfluss von Hörsel und Nesse.
Die Beschilderung führt durch das "Palmental", eine etwas holprige Asphaltstraße, gemeinsamt mit dem örtlichen Autoverkehr. An der Tankstelle nahe der Nessemühle trifft man auf die B19
Man folgt dem neuen Radweg entlang der Straße Richtung Stockhausen (auch hier konnte man wohl nicht auf die Pfosten verzichten?)
Die B19 wird unterquert, an der L102 steht eine Bedarfsampel für Radler und Fußgänger.
Der lang erhoffte Radweg entlang der B84 ist fertig. Durch die Wiesen erreicht man nun verkehrsfrei den Ort Stockhausen.
Eine tolle Asphaltfahrbahn, leider auch hier wieder Pfosten mitten auf dem Radweg.
Schlecht gelöst: In Stockhausen mündet der Radweg in die B84, so muss man doch noch 300 m mit Autos und LKWs in Kauf nehmen. Dann bieht die Strecke scharf rechts ab Richtung Wenigenlupnitz. Nur ein Abbiegeschild für Radler weist den Weg, einen echten Wegweiser des Nesstalradwegs sucht man vergebens (2018). Die folgende marode Nessebrücke ist für Autos gesperrt.
Am Rastplatz "Jägers Ruh" fanden wir den letzten Wegweiser vor dem Flugplatz Kindel.
Ab dem Rastplatz ist man in der Natur.
Vor Großenlupnitz geht es wieder rechts ab. Nach 400 m zweigt eine Alternativroute nach links ab den Berg hinauf bis zur Autobahn. Die asphaltierte Route führt geradeaus weiter über Wenigenlupnitz. (Aber auch hier findet man keinen Wegweiser.)
Von dort aus geht es kräftig bergauf bis zum Durchlass unter der Autobahn.
Das Industriegebiet Kindel ist schon in Sichtweite, schnell erreicht man den Wendekreisel an der Hörselbergstraße.
Rechts ab in die Industriestraße und 1,7 km der Straße folgen bis zum Flugplatz. Endlich wieder Beschilderung. Vom Flugplatz aus geht es bergab. Nach knapp 2 km auf holpriger Beton/Aspaltstraße erreicht man den Rastplatz am Beginn des Radweg auf der Bahntrasse.
2. Abschnitt auf der Bahntrasse (15 km): Kindel - Warza
Eine holprige Straße führt zu einem Rastplatz mit Infotafel. Nach einer von dort aus geht es abwärts in die Ebene. Der Blick Richtung Westen zurück zeigt das Ende des Ausbaus auf der Bahntrasse. Trassenausbaus. Die alte Bahnstrecke führte noch einen Kilometer weiter zum ehemaligen Truppenübungsplatz.
Nervig sind die kantigen Drängelgitter an jedem Querweg.
Die Wegweiser sind normgerecht, mit dem Einschub des Nessetalradwegs. Knapp 3 km gleitet man leicht bergab durch die Felder, dann muss die alte Brücke über den Bieberbach umfahren werden.
Nur ein halber Kilometer "Umleitung", dann geht es wieder auf die Trasse. Die Einfahrt nach Friedrichswerth ist schnell erreicht. Vorsicht an der Straßenkreuzung vor dem Bahnhof !
Rastplatz Bahnhof Friedrichswerth (der "Schlauchomat" ist wegen Vandalismus nicht mehr in Betrieb).
So sah es vor dem Radwegebau aus (2011).
Im Jahr 2018 war der Bahnhof eine Baustelle in der "Warteschleife", der alte Waggon, der zuvor in Brüheim stand und eine Unterkunft für Radler werden sollte (2016), steht unfertig und einsam hinter dem Gitterzaun.
So sah es im Frühjahr 2018 aus.
Ein Abstecher nur wenig Meter in den Ortskern zum Schloss Friedrichswerth (Residenzschloss Friedrichs des I., Herzog zu Sachsen-Gotha und Altenburg, vormals Wasserburg Erffa, 1677-1680 zerstört und abgetragen) : Das mächtige Gebäude (1677 -1689 erbaut), seit 1999 ungenutzt, steht seit Jahren zum Verkauf. Hieran hat sich wohl bis 2018 nichts verändert.
Weiter geht die Fahrt durch das Nessetal. Der Bahnhof Brüheim-Sonneborn (Privathaus) ist nur knapp 3 km entfernt.
Der alter Waggon steht nun am Bahnhof Friedrichswerth.
An der Straßenquerung in Brüheim die üblichen Umfahrungen an der überflüssigen Sperre. Verbarrikardiert ist auch die Kreuzung mit dem kleinen Sträßchen vor Eberstädt. Am ehemaligen Bahnhof, der 1990 abgerissen wurde, ist ein Rastplatz entstanden .....
.....(leider auch hier kein Schutz vor Regen). Vor dem Bahnhof Wangenheim wird die Nesse überquert
Auch der Bahnhof Wangenheim ist heute ein Wohnhaus.
Blick zurück zum Bahnhof Wangenheim. Ein kleiner Seitenkanal der Nesse wird überquert. Ein grüner Tunnel führt Richtung Goldbach.
Wir sind bei Kilometer 5 (vor der Einmündung Bufleben). Bahnhof Goldbach , Kilometer 4,68
Vorsicht an dieser Straßenkreuzung! Der Radweg nach Gotha dürfte inzwischen auch befahrbar sein.
Weiter auf der asphaltierten Trasse nach Warza - nagelneuer Radweg durch die blühenden Wiesen.
Brücke über den Warzabach - und Ende des Radwegs auf der Trasse!
Blick zurück. Im Ort, am abgerissenen Bahnhof Warza, liegen noch die Schwellen.
Hier endet nach 15,4 km der Radweg auf der Bahntrasse, knapp 32 km vom Ausgangspunkt in Eisenach entfernt. Der Nessetalradweg aber führt abseits der Trasse weiter nach Bufleben, wo die ehemalige Bahnstrecke (16,7 km) von der Strecke Gotha-Leinefelde abzweigte. Über neu asphaltierte Wege und Nebenstraßen führt der beschilderte Nessetalradweg weiter nach Erfurt.
3. Abschnitt: Warza - Erfurt (keine Bahntrasse, Radwege und Wirtschaftswege) - 33 km
Der Ausbau der alten Bahnlinie endet am westlichen Ortseingang von Warza. Die Bahntrasse führte weiter Richtung Bufleben (ca. 3 km) und mündete dort in die aktive Bahnlinie Gotha - Leinefelde. Der Bahndamm mit den alten Schwellen ist auf den Luftaufnahmen noch gut zu erkennen. Die Beschilderung des Nessetalradwegs führt die Radler auf neu gebauten Radwegen und über Wirtschaftswege sowie Nebenstraßen nach Erfurt. Wie zu erwarten verläuft die Strecke in einem Zick-Zack-Kurs durch die Felder und Wiesen, und auch kleinere Steigungen sind unvermeidbar. Im letzten Abschnitt verläuft der Radweg - wenig romantisch - direkt parallel zur Bundesstraße B7 und zuletzt, vorbei am EGA-Park, hinab ins Tal der Gera nach Erfurt. Je nach Ziel folgt man im Stadtgebiet den Wegweisern (unser GPX-Track endet am Domplatz).
Auch eine "Nordroute" über Ermstedt, Gottstedt und Binderleben nach Erfurt ist als Alternative teils auf Radwegen, teils auf Nebenstraßen möglich.
Streckenverlauf 3. Abschnitt:
Warza - Pfullendorf - Bufleben - Molschleben - Friemar (Stausee) - Pferdingsleben - Nottleben - Gamstädt - Schmira - Erfurt
In Warza führt die ausgeschilderte Strecke nicht am ehemaligen Haltepunkt Wartehalle) vorbei, sondern durch den Ort. Ein neuer Radweg am östlichen Ortsrand folgt der Bufleber-Landstraße.
Noch vor Bufleben erreicht man den Bahnübergang am Bahnhof der aktiven Strecke Gotha - Leinefelde. Das alte Bahnhofsgebäude (abseits des Radwegs) hat auch schon bessere Zeiten gesehen!
Man folgt ein Stück der aktiven Bahnstrecke und biegt dann in den Ort Bufleben ab. Ein kleines Ortschild verrät dem Radler, wo er sich befindet (prima!)
Leicht bergauf an der alten Kirche vorbei.
Eine lange Gerade führt aufwärts über die Anhöhe. Ein kleiner Rastplatz kommt sehr gelegen!
Achtung: Noch vor der Anhöhe biegt der Weg nach links ab! Dann rollt man den Berg hinab zum Sportplatz Molschleben. Noch vorher überquert man die Nesse auf einer neuen kleinen Brücke - auf beiden Seiten mit zwei kantigen Sperrgittern verbarrikardiert.
In Molschleben gibt es einen Gasthof. Der Weg führt durch den Ort, dann wieder kräftig bergauf.
Dann rechts ab und hinab zur Talsperre Friemar. Der offizielle Radweg führt links um den Stausee herum, man kann aber auch rechts über den Damm um den See fahren (Gaststätte). In beiden Fällen fährt man ein kurzes Stück auf der Landstraße.
An der offiziellen Route stehen die neuen Wegweiser, der nächste Ort ist Pferdingsleben. Ein verspäteter Osterhase war hier 2018 auf dem Weg nach Hause.
Weiter nach Nottleben auf einem neu asphaltierten Weg.
So sah der Weg noch im Mai 2013 aus! Am Ortseingang von Nottleben geht es rechts ab.
Dann kerzengerade nach Gamstädt.
Hübsches Fachwerk und ein grünes Boot (?). Nur 2 km aspahltierter Weg nach Frienstedt: Dort muss die B7 überquert werden!
Radweg direkt neben der Straße, zwar sicher vor den Autos, aber nicht gerade romantisch. Reichlich Abfall am Wegesrand und Ruinen, ein ungemütlicher Abschnitt.
Dann wird es wieder besser: Die Autobahn A71 wird überquert, es geht bergab nach Schmira.
Durch die Wiesen, dann leicht bergab durch den Ort.
An der Kreuzung mit der B7 ein Bilderrätsel für Radler. Auch die folgende Strecke entlang der Bundesstraße ist kein Grund zur Freude.
Vorbei am EGA-Park folgt man der Straßenbahn und der B7 abwärts in die Stadt. Der Radweg endet abrupt etwa 1 km vor der Einfahrt in die Innenstadt. Eine etwas unübersichliche Beschilderung bietet eine Alternativstrecke durch das Wohngebiet.
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