Eine Fahrt mit der Fahrrad-Draisine auf der Strecke der Thüringer Oberlandbahn ist ein besonderes Vergnügen. Bisher besteht die Möglichkeit zu Fahrten an festgelegten Terminen, besonders während der Thüringer Sommerferien (Info auf der Webseite des Thüringer Oberlandbahn e.V.) Außerhalb dieser Termine kann man auch eine Draisine mieten (max. 12 Personen), was natürlich nur für Gruppenausflüge interessant ist (Preis 2012 : pauschal 250.-, Informationen auf der Webseite des Vereins). Es werden 3 Streckenabschnitte angeboten, am interessantesten erscheint uns die Strecke Lückenmühle - Ziegenrück, da sie durch 4 Tunnel und über die mächtige Ziemestalbrücke führt. Die Draisine wartet am Ausgangspunkt Lückenmühle, man fährt mit fachkundiger Begleitung fast nur abwärts nach Ziegenrück. Für die Hinfahrt zum Ausgangspunkt ist ein Taxi/Fahrdienst erforderlich. (Kosten 2012 für 7 Personen ca. 20 €). Für die rund 11 km Fahrt mit Zwischenstopps sollte man 1,5-2 Stunden einplanen.
Informationen zu Buchungen und zu den Terminen der Draisinenfahrten findet der Interessierte auf der Seite der Thüringer Oberlandbahn e.V. (ext. Link)
Die Fahrt führt durch eine einsame Waldlandschaft abseits des motorisierten Verkehrs. Von der hoch am Hang verlaufenden Bahnstrecke aus hat man stellenweise einen atemberaubenden Blick weit hinab ins Saaletal und den Beginn des Aufstaus der Talsperre Hohenwarte. Der Stopp an der Ziemestalbrücke ist ein Muss. An dem eigenwilligen Bauwerk wird deutlich, was die Ingenieurskunst vergangener Zeiten zustande gebracht hat. Zwischen 1893 und 1895 entstand das 115 m lange und 35 m hohe Viadukt aus vernieteten Stahlträgern. 10 Pfeiler tragen die Konstruktion, die das Tal in einer langegezogenen Kurve überbrückt. Von der Ferne aus wirkt die filigrane Konstruktion wie aus Streichhölzern erbaut. Der Blick auf die Burgruine Wysburg aus dem 11. Jahrhundert war vom Viadukt aus 2012 leider wegen des starken Bewuchses nicht möglich.
Die Fahrt endet in Ziegenrück, das in der engen Saaleschleife um den Conrodberg liegt. Hier lohnt ein Besuch der Fernmühle, der ältesten Wassermühle des oberen Saaletals (Technisches Museum, Hotel, Biergarten).
Die Thüringer Oberlandbahn Triptis–Blankenstein wurde einst gebaut, um die Exklave Ziegenrück, das zur damal spreußischen Stadt Erfurt gehörte, an die Eisenbahn anzuschließen. Wie gegen Ende des 19. Jahrhundert beim Bau von Eisenbahnlinien dieser Region üblich, durchquerte die Strecke mehrere Staatsgebiete (z.B. Sachsen-Weimar, Reußinie, Sachsen-Weimar und Schwarzburg-Rudolstadt). Der erste Teil der Bahnstrecke nach Ziegenrück wurde 1894 fertiggestellt, es folgen Verlängerungen nach Lobenstein und schließlich durch das Höllental nach Marxgrün (1901)
Mit Kriegsende 1945 wurde der Betrieb an der Innerdeutschen Grenze unterbrochen. Zu Zeiten der DDR war der Eisenbahnverkehr auf den grenznahen Abschnitten immer stärker eingeschränkt. Auf dem Abschnitt der heutigen Draisinenstrecke wurde der Personenverkehr 1998 eingestellt, die endgültige Stilllegung erfolgte im Januar 2005. Die Gleise wurden aber nicht entfernt und in den Folgejahren gab es mehrfach Bestrebungen für eine Reaktivierung der Bahnverbindung.
Die Gleisanlagen am Bahnhof Ziegenrück zeugen von der früheren Bedeutung der Bahnstrecke. Heute geht es hier eher gemächlich zu.
Das Sammeltaxi bringt uns zum Bahnhof Lückenmühle.
Die Draisine wartet schon, die Fahrt beginnt.
Mit fachkundiger Begleitung rollt das Gefährt abwärts durch die Waldlandschaft im Tal des großen Otterbachs.
Der erste Höhepunkte der Fahrt ist schnell erreicht: Wir rollen über die mächtige Ziemestalbrücke.
Die Brücke überspannt das Tal in einer luftigen Höhe von 32 Metern. Auf den schmalen Stegen kann man am Unterrand der Fahrbahn die Brücke begehen-eine Übung für Schwindelfreie.
Ein paar Daten (lt. Infotafel vor Ort): gebaut von 1893-1895, 10 Brückenpfeiler, zweimal wurde die Konstruktion verstärkt. Höhe über dem Tal: 32 m, Länge: 115 m . Rund 55.000 Nieten halten den grazilen Koloss von ca. 280 Tonnen zusammen.
Unsere Draisine auf der anderen Seite ist abfahrbereit. Zwei Tunnel liegen vor uns: Der Ziemß-Tunnel (118m) Bild und der Zschachen-Mühlberg-Tunnel (72m).
Dann erreicht man den Bahnhof Liebschütz (Privathaus). Der nächste Tunnel ist der Schweinebach-Tunnel, 109 oder 89 m lang (die Angaben differieren).
Nach dem Tunnel wird der Blick auf die aufgestaute Saale frei: km 33 der Strecke.
Weiter geht es Richtung Hemmkoppen-Tunnel (Km 31,2), dem mit 181 m längsten Tunnel der Strecke.
Wir warten nicht, bis das Signal öffnet! Hinein in die Röhre! (Oberhalb des Portals erkennt man einen Wanderweg, der oberhalb der Trasse herrlich am Hang entlang führt.)
Am Ende des Tunnels geht es direkt auf die Saalebrücke. Der Blick zurück zeigt über dem Tunnelportal die Jahreszahl 1894.
Endstation Bahnhof Ziegenrück - für heute.
Im Biergarten an der Fernmühle mit Blick auf die Saale erholen wir uns von den "Strapazen".
Eine weitere Draisinentour auf dieser Bahnstrecke - von Dreba nach Ziegenrück - führt durch den Ziegenrücker Tunnel (105 m) und die Brücke in der Stadt und bietet schöne Ausblicke über die Altstadt.
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