Von Frieda nach Dingelstädt
Der Kanonenbahn-Radweg ist ein 32,3 km langer Radwanderweg, der der stillgelegten Bahnstrecke Leinefelde–Treysa durch das Thüringer Eichsfeld folgt. Von dem kleinen Ort Frieda an der Werra, nahe der Stadt Eschwege, verläuft der Radweg zunächst im Umfeld der ehemaligen Bahnstrecke, da seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Bahnstrecke unterbrochen ist: Der Friedatunnel zwischen Frieda und Großtöpfer wurde teilweise verfüllt und ist nicht mehr befahrbar, und das große Friedaviadukt, nur ca 500 Meter vom Ostportal des Tunnels entfernt, wurde 1945 gesprengt. So folgt der Radweg dem noch deutlich erkennbaren Bahndamm, vorbei an den Resten der Brückenlager durch die Wiesen, überquert die ehemalige Innerdeutsche Grenze und passiert den Bahnhof von Großtöpfer, der inzwischen als privates Wohnhaus genutz wird. In Geismar liegen zwar noch die Gleise, der Radweg erreicht jedoch erst am ehemaligen Bahnhof östlich des Ortes die Bahntrasse. Ein feiner, zwei Kilometer langer Asphaltabschnitt auf dem zweiten Gleisbett folgt den Gleisen zum Bahnhof Lengenfeld unterm Stein, dieser Abschnitt wird auch noch als Draisinnenstrecke genutzt.
Viadukt in Lengenfeld unterm Stein
Am Bahnhof Lengenfeld starten die Draisinen Richtung Dingelstädt und überqueren zunächst das mächtige Viadukt, dessen rostige Eisenkonstruktion in 24,5 m Höhe auf 244 m Länge den gesamten Ort Lengenfeld überspannt. Der Radweg führt leider nicht über diese Bauwerk, sondern schickt die Radler zunächst hinab durch den Ort, dann hinauf zum Schloss Bischofstein, wo das zweite Gleisbett der Kanonenbahn zum asphaltierten Radweg ausgebaut wurde. Nun beginnt eine fantastische Strecke entlang der heutigen Draisinenstrecke ca. 20 Kilometer bis zum Bahnhof Dingelstädt. Die Fahrt führt durch fünf Tunnel und über zwei große Viadukte, immer mit geringer, bahntrassentypischer Steigung bis zum Scheitelpunkt nahe dem Bahnhof Küllstedt. Von dort aus sind es noch gut 7,5 km leicht bergab oder fast eben bist zum Zielbahnhof Dingelstädt.
Höhepunkt des Radwegs ist zweifellos die Fahrt durch den 1530 m langen Küllstedter Tunnel, nun der längste Fahrradtunnel Deutschlands. und gut ausgeleuchtet. Die Bedeutung des Kanonenbahn-Radwegs ist die Verbindung von Unstrut und Werra, sowie der Anschluss an weitere Radwege der Region. Hervorzuheben ist der Verlauf der gesamten Strecke abseits des motorisierten Straßenverkehrs durch eine einmalige Naturlandschaft. Der Radweg ist aber nicht die einzige Möglichkeit, die attraktive stillgelegte Bahnstrecke durch die Berge zwischen dem Eichsfeld und der Werra zu nutzen. Schon seit 2008 betreibt die Eichsfelder Kanonenbahn gGmbH in Lengenfeld unterm Stein einen Betrieb mit Fahrraddraisinen auf den alten Gleisen. Zunächst nur auf einem kurzen Abschnitt zwischen Lengenfeld und Großbartloff bzw. Geismar, ist nun seit einiger Zeit die gesamte Strecke bis nach Dingelstädt mit Fahrraddraisinen befahrbar.
Brücke der Heiligenstädter Str. bei Dingelstädt
Die „Kanonenbahn“, war eine aus militärischen Gründen gebaute Eisenbahnstrecke von Berlin über Koblenz nach Metz, die „Berlin-Coblenzer Eisenbahn“, besser bekannt als Kanonenbahn. Sie sollte Berlin, die Hauptstadt des neuen Deutschen Kaiserreichs, mit Elsaß-Lothringen verbinden, das nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 an das Deutsche Reich abgetreten worden war. Die zweigleisig angelegte Strecke von insgesamt etwa 80 Kilometern, deren wirtschaftliche Bedeutung eher gering war, besteht aus 24 Einzelabschnitten. Der Abschnitt Silberhausen – Eschwege, zu dem die Strecke durch das Thüringer Eichsfeld gehört, wurde 1880 eröffnet. Der Küllstedter Tuel enstand in den Jahren 1875 - 79, wie man über den Portalen lesen kann.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Bahnstrecke auf eingleisig zurückgebaut. Nach der Zerstörung des Friedaviadukts gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und der Teilung Deutschlands war die Strecke zwischen Geismar und Frieda kurz vor Erreichen der Werra unterbrochen. Ab 1974 wurde der Personenverkehr auf mehreren hessischen Abschnitten sukzcessive eingestellt und die Strecke abgebaut. Ab 1990 wurden auch auf den Abschnitten in Thüringen der Verkehr eingestellt, einige Streckenabschnitte wurden noch bis 1996 genutzt.
Danach entstand auf noch vorhandenen Gleisen ein Betrieb mit Fahrraddraisinen. Der erste Abschnitt des parallelen Radwegs auf dem zweiten Gleisbett wurde 2017 freigegeben, der gesamte Radweg war im Oktober 2019 fertiggestellt. Der Bahnhof Dingelstädt wurde restauriert und soll als Gaststätte zur Verfügung stehen.
"Der Zug der Zeit" - Werratalbahn/Radweg bei Frieda/Schwebda
Wir befahren den Kanonenbahnradweg vom Werratal aus, von dort ist die Anreise mit der Regionalbahn über Eschwege möglich. (Auch die Verbindung auf thüringer Seite ist von Leinefelde-Worbis aus möglich.) Die Zufahrt auf dem Werratalradweg nach Frieda beträgt rund 6 km.
Der Bahnhof Frieda der Werratalbahn Schwebda - Wartha ist heute ein Wohnhaus. Durch den Ort folgt man der Beschilderung durch dei Bahnhofsstraße in nördlicher Richtung. Noch vor dem Ortsende biegt man links ab in die Straße "Hochfeld". Der Radweg führt am Hang hinter einem Fabrikgelände vorbei. Dann erreicht man das freie Feld, der Radweg verläuft am Rande des Flüsschens Frieda talaufwärts.
Versteckt im Wald am Hang des Großen Dachsberges liegt das Ostportal des Friedatunnels, halb verdeckt von der üppigen Vegetation und umgestürzten Bäumen. Der Friedatunnel,1066 m lang, wurde ab Oktober 1989 wegen Baufälligkeit verfüllt und versperrt. Nur einige hundert Meter weiter talaufwärts erkennt man hoch über dem Radweg ein Brückenlager des gesprengten Friedaviadukts.
Aufg dem einstigen Kolonnenweg der DDR Grenztruppen (bis 1990) geht es nach Thüringen, ein asphaltierter Weg führt nach Großtöpfer.
Die neue normgerechte Wegweisung führt uns an der Straße entlang zum Abzweig nach Geimar und Lengenfeld.
Der Bahnhof von Großtöpfer, außerhalb des Ortes, dient als Wohnhaus. Der Radweg biegt nach Osten ab und folgt dem Tal der Frieda aufwärts.
In Geismar enden die Schienen auf dem ersten Gleisbett und damit auch die Draisinenstrecke. Während der Radweg noch im Tal etwas weiter Richtung Lengenfeld verläuft, kann man die Bahntrasse vor dem Bahnhof Geismar vorbei verfolgen.
Etwa 1,25 km östlich vom Bahnhof Geismar verschwenkt der Radweg und führt durch einen Durchlass und über eine Rampe auf des zweite Gleisbett der Kanonenbahn.
Direkt neben dem Gleis fährt man auf einer asphaltieren Fahrbahn nach Lengenfeld untern Stein. Vor dem Bahnhof, an einem Prellbock, wechselt der Kanonebahnradweg noch auf die andere Seite.
Am Bahnhof Lengenfeld sind die Fahrraddraisinen zu Hause, hier kann man die Fahrten buchen. Die Draisinen fahren über das Viadukt, die Radfahrer dürfen das leider nicht.
Wir müssen das Viadukt umfahren, aber vom Tal auserkennt man erst wirklich die Dimensionen dieses Bauwerks, das den gesamten Ort überspannt. 244 m lang und 23 m hoch ist das stählerne Monster, das 1877 -1879 erbaut wurde. Man erkennt an den Fischbauchträgern deutlich die zweite Gleisspur, die hier einst vorhanden war.
Am Schloss Bischofstein, heute Pflegezentrum, darf dann auch der Radweg auf die Bahntrasse.
Die Elektrodraisine, ausgelegt für größere Gruppen, kommt uns entgegen. Am Entenbergtunnel (288 m)steht noch ein einsamer Bagger, die Beschilderung des Radwegs ist noch nicht fertig.
Aber die Beleuchtung funktioniert schon. Ist wirklich ein feiner Radweg geworden!
Am Haltepunkt Großbartloff geht es in den Heiligenbergtunnel, 198 m lang. Auch die Geländer sind schon montiert.
Vorbei am Haltepunkt Rottenbach durchquert man den Großen Mühlbergtunnel (343 m), Licht am Fahrrad kann nicht schaden. Es folgt der Haltepunkt Effelder, dann der kleine Mühlbergtunnel (155 m). Es ist der einzige kerzengerade Tunnel der Strecke.
Nach dem Haltepunkt Luttergrund passiert man eine kleine Brücke. Es geht merklich weiter bergauf, vorbei am Haltepunkt Hübental. Dann taucht unvermittelt das Westportal des Küllstedter Tunnel vor uns auf.
Licht an, Jacken anziehen, es wird kalt! 1530 m können sehr lang werden.
Licht am Ende des Tunnels, jetzt wird es auch wieder wärmer.
Der Radweg wechselt mehrmals die Seite.
Nun erreicht man die Straßenbrücke vor dem Bahnhof Küllstedt.
Der ehemalige Bahnhof ist ein privates Wohnhaus. Nach dem Bahnhof erreicht man den Draisinenwendeplatz mit den überdachten Rastbänken.
Die Fahrt geht weiter, Wo Anfang 2017 noch Gleise lagen, ist nun der fertige Radweg parallel zur Draisinenstrecke. An der kleinen Brücke waren aufwändige Arbeiten notwendig. Man fährt an den Fragmenten der alten Brückenpfeiler vorbei.
Eine neue Brücke über die Trasse wurde gebaut, als nächstes überquert die L2032 von Dingelstädt nach Wachstedt die Bahntrasse.
Fahrt über das Kefferhäuser Viadukt - über die K220 und die Unstrut - 26 m hoch und 50 m lang.
Vorbei am ehemaligen Haltepunkt Kefferhausen, die Brücke der L1005 (nach Heiligenstadt) überquert die Bahntrasse.
Und noch eine kleine Brücke (Blick zurück), dann endet der Ausbau an der Schranke in Dingelstädt (Bahnhofstraße).
Nur wenige Meter weiter befindet sich der Bahnhof Dingelstädt, der restauriert als Gaststätte oder vielleicht auch als Herberge (?) dienen soll (2019).
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Seite zuletzt geändert am 18.06.2020