Von Bad Hersfeld über Niederaula nach Schwalmstadt-Treysa
Auf der Trasse der stillgelegten Knüllwaldbahn zwischen Bad Hersfeld (Fulda) und Treysa (Schwalm) ist in den vergangenen Jahren ein erstklassiger Fahrradweg entstanden. Der ausgebaute Abschnitt zwischen Wahlshausen und Treysa verläuft fast vollständig auf der ehemaligen Bahnstrecke und ermöglicht eine stressfreie Verbindung mit dem Fahrrad zwischen dem Fuldatal und dem Westhessischen Tiefland an der Schwalm. Der Name „Bahnradweg Rotkäppchenland“ leitet sich von der Schwälmer Tracht mit ihren roten Häubchen ab, die an das Märchen vom Rotkäppchen erinnern. Die Gesamtlänge des Radwegs von Bad Hersfeld nach Treysa beträgt 63 km, davon verlaufen ca. 34 km direkt auf der alten Bahntrasse. Die Anfahrt vom Bahnhof Bad Hersfeld nach Niederaula zum Beginn des Radwegs beträgt 13,5 km.
Die roten Käppchen, das Logo des Radwegs
Bei der Überwindung des Höhenzuges mit etwa 220 m Höhenunterschied hatte man bei dieser Bahnstrecke nicht die „Tunnellösung“ gewählt, sondern eine Trassierung mit weiten Höhenschleifen über die Ausläufer des Knüllgebirges. Weite Blicke über die Berglandschaft und einsame Wälder sind das Kapital dieses Radwegs, bei dessen Gestaltung man sich viel Mühe gegeben hat. Hindernisfreie Straßenkreuzungen, Rastplätze und Bahnrelikte zur Erinnerung an die Eisenbahnzeit sind einige Details, die diese Fahrradstrecke zu einem Erlebnis machen. Anfangs- und Endpunkt sind mit der Regionalbahn erreichbar, und es gibt Anbindungen an die hessischen Radfernwege. Der Radweg ist zwischen Loshausen und Wahlshausen Teil der deutschen Mittelland-Route D4.
Die Bahnlinie Bad Hersfeld - Treysa, genannt Knüllwaldbahn, wurde in zwei Teilabschnitten eröffnet: Hersfeld-Oberaula 1906, Oberaula-Treysa 1907. Die Bahnstrecke hatte regionale Bedeutung für den Personen- und Güterverkehr. Genau sieben Jahre nach der Eröffnung der Strecke begann der 1. Weltkrieg. Trotz der personellen Einschränkungen erlebte die Bahnlinie einen kräftigen Aufschwung, so dass 1917 bereits der zweigleisige Ausbau als beschlossen galt. Nach Kriegsende wurden die Pläne aber nie umgesetzt, da Reparationsforderungen den Ausbau der Bahnstrecke bremsten.
Die Entwicklung bis zum 2. Weltkrieg ähnelt der Periode bis 1914. Dann kam erneut der "Kriegsbetrieb" mit Sonderzügen und Truppentransporten. Der Luftkrieg behinderte zunehmend den Bahnverkehr, gegen Ende des Krieges wurden die Bahnhöfe Treysa und Bad Hersfeld das Ziel von Fliegerangriffen. Gegen Ende des Krieges 1945 kam der Zugverkehr völlig zum Erliegen.
In den 1950er und 1960er Jahren wurden die Dampflokomotiven durch Dieselfahrzeuge abgelöst. Die "Triebwagen" oder "Schienenbusse" hielten Einzug auf Strecken der Nebenbahnen, so auch bei der Knüllwaldbahn. Ansonsten beherrschten Ende der 1960er Jahre Dieselloks den Personenverkehr.
Zunehmend machte sich der Straßenverkehr als Konkurrenz zum Bahnverkehr breit. Gleichzeitig verdichteten sich die Spekulationen über die Stilllegung der Bahnstrecke. Stufenweise wurden in den 1970er Jahren Zugverbindungen gestrichen.
Dann, am 22. August 1977, brach der Staudamm des "Seeparks Kirchheim" und zerstörte den Bahndamm zwischen Kirchheim und Kleba auf 20 m Länge. Damit war die Verbindung nach Bad Hersfeld unterbrochen. Der provisorische Busverkehr zwischen Oberaula und Niederaula schloss die Transportlücke, bis die endgültige Einstellung des Personenverkehrs am 1. Juni 1984 das Schicksal dieser Bahnlinie besiegelte. Auf Teilstrecken fand in geringem Umfang noch Güterverkehr statt, ab 1984 begann schon vereinzelt der Gleisrückbau. Der Abschnitt Bad Hersfeld - Niederaula - Niederjossa - Breitenbach, auch Abschnitt der "Gründchenbahn", wird bis heute für Holztransporte genutzt.
Der Bau des Radwegs auf der Bahntrasse begann 2007, der erste Abschnitt wurde 2008 eröffnet, der letzte im Mai 2013.
Knüllwaldbahn bei Ziegenhain
Für die Radler, die mit der Eisenbahn anreisen, bieten sich als Einstiegspunkte Bad Hersfeld oder der Endpunkt der Strecke Schwalmstadt-Treysa an, die mit den Regionalzügen erreichbar sind. Von Bad Hersfeld aus beträgt die Anfahrt ca. 13 km auf dem Hessischen Radfernweg R1/R7 bis nach Niederaula. Von dort aus fährt man Richtung Westen durch das Aulatal, immer an der stillgelegten Bahnstrecke entlang und erreicht mühelos den Beginn des neuen Radwegs auf der Trasse in Wahlshausen noch vor Oberaula (27,5 km).
Im Fuldatal verläuft die Strecke völlig eben, ab Niederaula geht es fast unmerklich bergauf, mit einigen lokalen "Buckeln", da ja der Radweg noch nicht auf der Bahntrasse verläuft, sondern auf einem Wirtschaftsweg meist direkt neben der Bahntrasse.
Anfahrt vom Bahnhof Bad Hersfeld (13 km):
In Bad Hersfeld verlässt man den Bahnhof auf der Südostseite (Viadukt) und folgt der Beschilderung des R1/R7 Richtung Niederaula.
Entlang der Fulda fährt man durch das Gelände des Landwirtschaftszentrums Schloss Eichhof. Der asphaltierte oder betonierte Radweg führt durch die Felder entlang der Bahnstrecke.
Die "Gründchenbahn" dient heute nur noch dem Güterverkehr zwischen Bad Hersfeld und Niederjossa .
Vorbei am Bahnhofsgelände Asbach und am ehemaligen Haltepunkt Beiershausen führt die Strecke als Hessischer Radfernweg R1, nun auf der linken Fuldaseite. Mehrmals überquert der Radweg die Bahngleise (Vorsicht, ab und zu Güterverkehr!)
Der R1 umgeht den Ort Niederaula. Am besten fährt man durch den Ort zum Rathaus , dort steht die erste Informationstafel mit den Wegweisern zum Rotkäppchenradweg. Ein weiterer Einstiegspunkt ist der Radweg am Abzweig an der Ziegelei am westlichen Ortsende, ehemals als R11 beschildert.
Nun beginnt die Strecke durch das Aulatal. Am westlichen Ende von Niederaula im Aulatal ist ein Rastplatz enstanden, von dort aus ist der Rotkäppchenradweg mit dem eigenen Logo gut beschildert. Durch den Ort und über die Felder führt die asphaltierte Strecke. Zuerst unter der ICE-Bahnstrecke, dann unter der Autobahn A4 hindurch erreicht man Kirchheim. Innerorts durch das Industiegebiet und vorbei an den Tankstellen des Kirchheimer Dreiecks verläuft die beschilderte Strecke auf der Straße.
Etwas abseits liegt der alte Bahnhof von Kirchheim. Der Zugverkehr ist lange eingestellt, der Bahnhof wird anderweitig genutzt. Am Ortsausgang von Kirchheim steht eine Infotafel mit den roten Häubchen, der Radweg folgt zunächst der Bundesstraße 454.
Schon bald biegt die Route ab durch die Felder. Die stillgelegte Bahntrasse wird sichtbar, eine Unterführung in Heddersdorf und das auffällige Bahnhofsgebäude von Frielingen, das wie ein halber Bahnhof erscheint. In Wahlshausen beginnt der Radweg auf der Trasse.
Zeitweise fuhren hier wohl noch Dampfloks? Zuerst geht es unter dem Durchlass hindurch, dann hinauf auf die asphaltierte Trasse.
Bald taucht der große Bahnhof von Oberaula auf. Das altehrwürdige Gebäude ist in traurigem Zustand, der zunehmede Verfall ist nicht zu übersehen (Foto 2016).
Eine Brücke überquert die Trasse. Ein Blick hinab auf den Bahnsteig im Jahr 2008.
Barrierefreie Straßenkreuzung mit der Rimbergstraße L-3294 bei Hausen, auch für Kinderanhänger und Rollstuhlfahrer geeignet! Beim Blick hinab auf das Schloss Hausen bemerkt man erst, dass der Radweg schon an Höhe gewonnen hat.
In einer langen Schleife geht es bergauf, ein Brücke überspannt den Radweg. An Geländern wurde hier nicht gespart.
Eine weitere Bogenbrücke aus der Eisenbahnzeit ist erhalten geblieben, gefolgt von einem eckigen Bauwerk aus dem Jahr 1913.
Der Scheitelpunkt der Strecke wird am Bahnhof Olberode erreicht.
Hier überquert man die Wasserscheide von Fulda und Schwalm. Das Tal Richtung Osten liegt im Nebel.
Ein Lichtstreifen am Horizont und die Fahrt ins Tal beginnt.
Der Bergrücken zwischen Fuldatal und Schwalm liegt nun hinter uns und wir folgen der alten Bahnstrecke ins Grenfftal. Vorbei am Bahnhof Ottrau 2 km westlich des Ortes führt die Strecke durch den Wald am Fuße des 394 m hohen Sebbel. Auf dem Gipfel des Berges befindet sich heute ein kleiner See an der Stelle eines Steinbruchs. Die baufälligen Ruinen alter Industrieanlagen liegen versteckt im Wald neben der Bahntrasse. Das Flüsschen Grenff mit seinem starken Gefälle trieb in seinem Verlauf zwischen dem Ottrauer Bergland und der Mündung in die (alte) Schwalm bei Loshausen 17 Mühlen an. An mehreren dieser alten Mühlen fährt der Radler im Verlauf der Strecke vorbei, während sich die Berg- und Waldlandschaft langsam in eine Wiesen- und Auenlandschaft verwandelt. Bis auf die kurze Umfahrung des Bahnhofsgeländes in Neukirchen bleibt der neue Radweg immer auf der alten Bahntrasse.
Vor dem Bahnhof Weißenborn ist eine Schutzhütte entstanden.
Durch einen "Tunnel" unter der Straße durch in Weißenborn und über zwei Brücke bei Görzhain.
Ohne Barrieren aber mit Vorsicht überquert man die Straße vor dem Bahnhof Ottrau. Ein schattiger Rastplatz verlockt zu einer Pause.
Vorbei am ehemaliger Haltepunkt Kleinropperhausen und zur Straßenquerung an der Schneidmühle führt die kerzengerade Trasse. Am "Helmut-Reich-Platz" erfährt man etwas über die Kilometrierung der Bahnstrecke: Die Steine standen im Abstand von 100 m neben den Schienen, die geraden links, die ungeraden rechts. Sie geben die genaue Entfernung vom Bahnhof Bad Hersfeld aus an (Gesamtstrecke 59,8 km).
Das Bahnhofgebäude von Nausis ist gut erhalten und dient als Wohnhaus. Vor der Stadt Neukirchen beobachten uns vom Rande der Trasse aus uns einige hölzerne Gestalten (Die Zuschauer von Kurt Makowski).
Vor dem Bahnhofsgelände Neukirchen beginnt die 700 m kurze Umfahrung auf einer Fahrradstraße. Vorsicht, motorisierter Verkehr! Der Bahnhof Neukirchen und das Umfeld sind Privatbesitz.
Nach dem Bahnhof Neukirchen muss die Bahnhofsstraße überquert werden. Danach geht es durch den Stadtpark.
Ein Abstecher in die Altstadt bietet sich an, für hungrige Wölfe gibt es eine Gaststätte direkt am Radweg.
Der letzte Abschnitt des Radwegs Rotkäppchenland zwischen Neukirchen-Riebelsdorf und Schwalmstadt-Treysa wurde erst im Sommer 2013 fertiggestellt. Wie auf den vorigen Abschnitten gibt es auch hier keine Pfostensperren oder Drängelgitter. An der kritischen Kreuzung mit der Bundesstraße bei Zella regelt eine Bedarfsampel die Straßenüberquerung. Der letzte Abschnitt des Radwegs verläuft bis zum Parkplatz in Treysa vollständig auf der alten Bahntrasse und ist in ganzer Länge asphaltiert. Es gibt keine nenneswerten Steigungen oder Gefälle, die Strecke ist für alle Nutzergruppen gut geeignet. Von Neukirchen aus erreicht man den Parkplatz in Treysa am Haaßehügel nach 12,7 km. Bis zum Bahnhof Schwalmstadt-Treysa und zum Anschluss an den regionalen Bahnverkehr sind es weitere 600 m.
Der nächste Ort ist Riebelsdorf. Eine rostige Eisenbrücke überquert den Radweg.
Das Bahnhofsgebäude (Wohnhaus) versteckt sich hinter den Bäumen, hier beginnt der jüngste Abschnitt des Radwegs. Eine kleine Brücke wurde erneuert.
Die Kreuzung mit der Kreisstraße 111 wurde in schon bekannter Weise ohne Sperren gestaltet, an Geländern hat man auch hier nicht gespart.
Der Radweg nähert sich dem Haltepunkt Zella. Die alten Silos und Verladeeinrichtung stehen noch neben der Trasse (Blick zurück), ein Bahnhofsgebäude gab es nicht, nur eine Bahnhofsgaststätte 100 m weiter südlich. Eine Bedarfsampel regelt die gefährliche Kreuzung mit der Bundesstraße 254.
Jenseits der Lagerhäuser führt die Strecke durch die Felder am Rande der Schwalm. Zwei flache Senken befinden sich an den Stellen, an denen sich früher zwei eiserne Flutbrücken befanden. Am Ortsrand von Loshausen muss der vielbefahrene Zubringer zur Bundesstraße überquert werden.
Dann erreicht man die Brücke über die Schwalm. Von hier aus hat man einen schönen Blick in den Schlosspark und auf einen eisernen Steg. Und hier mündet auch die Grenff, die uns so lange begleitet hat, in die Alte Schwalm.
Nach kurzer Fahrt erreicht man einen Rastplatz. Dort hat man eine alte Ampelanlage zur Erinnerung an die Bahnstrecke aufgestellt. Eine Tafel informiert über die Geschichte des Bahnradwegs. Hier kreuzt auch der Schwalmradweg unseren Weg. Der Bahnhof Loshausen ist schon lange ein privates Wohnhaus.
Völlig eben erscheint die Strecke weiter Richtung Ziegenhain. Nur dort, wo sich eine kleine Flutbrücke befand durchquert man nun eine Senke.
Damals war auch noch die alte Kilometrierung vorhanden. Jenseits der nächsten Straßenkreuzung befindet sich der Bahnhof Ziegenhain Süd. Vor einigen Jahren war er noch ein "Kulturbahnhof" mit Gastwirtschaft, doch nun gibt es schon seit Jahren keine Bewirtung mehr (Stand 2020 lt. Internet). Der Nordbahnhof gehörte zur Kanonenbahn (Bahnstrecke Leinefelde–Treysa).
Der Radweg führt an den riesigen Silos eines Lagerhauses vorbei und wieder über eine Straße.
Vor Treysa muss noch ein tiefer Einschnitt durchfahren werden. Es folgt ein kerzengerader Abschnitt vorbei an Ascherode.
An der nächsten Straßenkreuzung wird der Ortsrand von Treysa erreicht. Dichte Vegetation begleitet die Trasse in einer Linkskurve Richtung Bahnhof. Nach einer kleinen Brücke endet der Radwegs am Parkplatz Haaßehügel.
Ein kurzes Stück Fahrradstraße, dann über die Brücke zum Bahnhof - oder in die Altstadt von Treysa.
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Seite zuletzt geändert am 21.06.2020