Von Heiligenstadt über Kalteneber nach Großtöpfer und Schwebda
Von der Stadt Heilbad Heiligenstadt (Thüringen) nach Schwebda im Kreis Eschwege (Hessen) führte eine Bahnstrecke, die von 1914 bis 1947 in Betrieb war und im Volksmund „Bimmelbähnchen“ genannt wurde. Das Besondere an dieser Strecke ist ihr steiler Verlauf in einem für Eisenbahnen schwierigem Gelände. Die Strecke diente der Erschließung des südlichen Eichsfeldes, einer wirtschaftlich problematischen Region. Heute erschließt der Südeichsfeld-Radweg diese Region für Radler und Wanderer, landschaftlich lässt der Radweg durch das Südeichsfeld keine Wünsche offen. Mit dem Ausbau des Abschnitts Heiligenstadt - Kalteneber auf der stillgelegten Bahntrasse ist die anspruchsvolle Strecke auch für "Normalradler" leicht zu bewältigen.
Heiligenstadt mit heute ca. 17.000 Einwohnern liegt im Obereichsfeld, nicht weit vom Dreiländereck zu Hessen und Niedersachsen. Es bestehen Bahnverbindungen nach Erfurt, Göttingen, Halle (Saale) und Kassel. Der Ausgangspunkt ist somit für die Radler mit der Eisenbahn erreichbar.
Am Ostbahnhof in Heiligenstadt
Der Radweg startet am Ostbahnhof, der seit 1971 nur noch Rangierbahnhof war. Auf dem Gelände werden vom Heiligenstädter Eisenbahnverein e.V. Bahnhofsfeste veranstaltet und eine auf der Strecke normalspurige Parkeisenbahn betrieben (2018). In südöstlicher Richtung fährt man Richtung Stadtrand, wo in der Nähe des Erholungsparks "Neun Brunnen" der Radweg beginnt.
Auf dem neuen Asphalt ist die "Zahnradstrecke" der alten Bahnlinie durch das Pferdebachtal wesentlich leichter zu befahren als der ehemalige Waldweg, dennoch hat der Radweg hier eine für einen Bahntrassenradweg ungewohnt große Steigung (Bahnstrecke bis zu 5%). Über Kalteneber (ca. 8 km, 260 m ü.NN) fährt man auf der Landstraße 2023 zum Abzweig bei Kilometer 10,4, wo wieder ein Fahrweg auf der Bahntrasse beginnt. Nur mit geringer Steigung geht es nach Fürstenhagen. Hier machte die Bahnstrecke eine Spitzkehre. Im Wasserturm des ehemaligen Bahnhofs wurde ein Naturparkzentrum eingerichtet. Hier, in eine Höhe von ca. 490 m, ggf. sogar vom Turmmuseum aus, hat man einen weiten Ausblick über die Landschaft des Eichsfelds,
Noch eindrucksvoller ist der Blick vom Abhang der Dieteröder Klippen tief hinab und weit Richtung Süden Richtung Werratal.
Der Weg auf der Bahntrasse führt nun ein Stück zurück und dann ins Tal hinab. Der Abschnitt war auch 2020 noch sehr ruppig, gespickt mit Schlaglöchern. Anfang 2020 waren Ausbauarbeiten an der Fahrbahn zu beobachten. Am Bahnhof Dieterode (ca. 430 m ü.NN) vorbei fährt man nach Krombach (350 m). Ab dort ist die Bahntrasse zugewachsen und nur noch mit großen Einschränkungen befahrbar. Die neu ausgeschilderte Strecke des Südeichsfeld-Radwegs nimmt ab Krombach einen Verlauf, der sich weit von der alten Bahntrasse entfernt. Dieser Weg war 2020 teils in schlechtem Zustand: Abschnitte mit groben Schotter und ein steiler Verlauf hinab auf die Landstraße L 1007 erfordern unbeding Nachbesserung, wenn dieser Radweg für die Allgemeinheit nutzbar werden soll.
Brücke über die Tasse auf dem Weg nach Krombach
In Ershausen am Bahnhof (Privathaus) treffen die beiden Wegevarianten wieder aufeinander. Von dort aus ist die Trasse noch auf ca. einem Kilometer befahrbar, dann muss man auf den asphaltierten Radweg entlang der L1007 wechseln.
Am Abzweig nach Geismar trifft man auf den Kanonenbahnradweg. Vorbei am Bahnhof Großtöpfer auf dem neu ausgebautenund beschilderten Fahrradweg geht es duch den Ort, über die ehemalige innerdeutsche Grenze und an den Resten der Brückenköpfe des gesprengten Viaduktsbis nach Frieda. Versteckt im Wald liegt das Ostportal des Friedatunnels. Der Radweg umgeht den Ort Frieda an der Hangseite und führt am alten Schotterbett der "Kanonenbahn" entlang nach Meinhard-Schwebda. Der Werratal Radweg verbindet den Ort Frieda mit dem Bahnanschluss in Eschwege.
1911 begann der Bau der Eisenbahnstrecke zwischen Heiligenstadt und Schwebda. Der erste Abschnitt ging am 28. August 1914 in Betrieb. Die übrige Strecke wurde am 1. Oktober 1914 eröffnet.
Um die steilen Abschnitte zwischen Heiligenstadt und Kalteneber zu überwinden war anfangs der Einsatz von Zahnstangen und Zahnrad-Lokomotiven erforderlich (bis 1922). So sind auch heute noch Abschnitte von bis zu 5% Steigung/Gefälle zu überwinden. Eine weitere Besonderheit ist die Spitzkehre der Strecke in Fürstenhagen, wo ein Wasserturm für die Befüllung der Lokomotiven sorgte. Nach der Sprengung des Frieda-Viadukts im Jahre 1945 endete die Bahnstrecke in Großtöpfer kurz vor der heutigen hessischen Landesgrenze.
Friedatunnel Ostportal
Vom Friedaviadukt sind nur noch die Brückenlager vorhanden. Es wurde nicht mehr aufgebaut, weil es direkt an der damaligen „Demarkationslinie“ lag. Der Abschnitt zwischen Heiligenstadt Ost und Großtöpfer war noch bis 1947 in Betrieb, danach wurden die Schienen abgebaut und als Reparationsleistungenabtransportiert. Der Friedatunnel, auf der anderen Seite der Grenze, wurde zeitweise von der Bundesbahn als Versuchsanstalt für Wärmetechnik benutzt. Heute ist der Tunnel verschlossen und dient den Fledermäusen als Unterschlupf.
Der Ostbahnhof in Heiligenstadt, heute ein Lokal mit Biergarten. Hierstehen die alten Lokomotiven einer fast vergessenen Epoche.
Die neuen Wegweiser des Südeichsfeld-Radwegs stehen an der Straße vor dem Bahnhof. Es geht durch das Pferdebachtal hinauf nach Kalteneber und Fürstenhagen auf der Trasse der alten Bahnstrecke.
Durch das Industriegebiet, dann an den Feldern entlang Richtung "Neun Brunnen" führt der neue Radweg, der in diesem Abschnitt noch nicht die alte Bahntrasse nutzt. Schon bald ereicht man den Waldrand.
Dort stehen einige Infotafeln. Kurz danach knickt der Radweg nach links ab und führt mit 22 % Gefälle den Berg hinab auf die Bahntrasse. Diese Streckenführung hat uns nicht begeistert.
In einer scharfen Rechtskurve geht es an einer Pfostensperre vorbei, dann beginnt die Fahrt auf der asphaltierten Bahntrasse.
Die Brücken für die Straßendurchlässe wurden neu gebaut und die alten Wegweiser für die Wanderwege durch neue ersetzt.
Am Rande des Radwegs findet man hin und wieder überdachte Rastbänke. Trotz des für eine Bahnstrecke recht kräftigen Anstiegs ist die Fahrt durch den Wald ein Genuss.
Nach gut 2 km erreicht man die Fischteiche im Pferdebachtal. Bald tauchen die Überreste der Bahnsteige des Haltepunktes Pferdebachtal auf, die Zufahrt zu den Gebäuden des Technischen Hilfswerks (THW) überquert den Radweg.
Nun beginnt die "Steilstrecke", die von der Eisenbahn anfangs im Zahnstangenbetrieb überwunden wurde. (max.. 5% Steigung zwischen Kilometer 6,4 und 8,7). An diesem "Straßendurchlass" befand sich 2006 noch eine Brücke.
Der Radweg gewinnt kräftig an Höhe.
Wenn die Beine weh tun, hier kann man ausruhen. Doch das Etappenziel liegt schon zum Greifen nah.
Ein weites Hochland liegt vor uns.
Der Radweg knickt nach links ab und mündet in die Landstraße. Die zugewachsene Bahntrasse führt weiter aufwärts durch die Felder. Ein kurzes Stück bis in den Ort Kalteneber muss man auf der Straße fahren, keine optimale Lösung z.B. für Kinder.
Kleine Wegweiser führen durch den Ort. Die Route führt nicht am alten Bahnhof vorbei. Das gut erhaltene Gebäude dient als Dorfgemeinschaftshaus. Auch nach dem Ort muss man auf der Landstraße weiterfahren. Die Trasse verliert sich den Feldern. Etwas abseits, an einem Querweg beschildert zum "Langen Grund", findet man ein erhaltenes Teilstück der Bahntrasse mit einem Durchlass.
Immer weiter leicht bergauf erreicht man bald den Abzweig zum Bahnhof Fürstenhagen. Hier begegnet man wieder der Bahntrasse. Der "§löcherige" Weg erfordert Konzentration beim Radfahren.
Die Häuser von Fürstenhagen tauchen auf. Man passiert die Abzweigung der Bahnlinie ins Tal nach Dieterode und Krombach.
Das Ensemble des ehemaligen Bahnhofs, heute Sitz des Besucherzentrums für den Naturpark.
In Fürstenhagen verlief die Bahntrasse in einer Spitzkehre. Hier befand sich die höchst gelegene Station mit 491 m über NN, danach ging es mit 5% Gefälle huinab ins Tal. Von hier aus lohnt sich der kurze Abstecher zu den Dieteröder Klippen, einer mehrere hundert Meter langen Abbruchkante des Höhebergs. Von dort aus hat man einen fantastischen Ausblick über die Landschaft des Südeichsfelds.
Der Weg auf der Trasse hinab ins Tal ist gespickt mit Schlaglöchern und Steinen. Vorsicht ist angebracht, das Gefälle beträgt 5% und die Fahrbahn ist ggf. rutschig.
Nach Verlassen des Waldes nähert man sich dem Bahnhof Dieterode, heute als privates Wohnhaus genutzt. Weit oberhalb liegt die Abbruchkante des Muschelkalks der Dieteröder Klippen. Von dort oben erkennt man das ehemalige Bahnhofgebäude weit unten am Radweg.
Zuerst noch eine Brücke über den Einschnitt, dann erreicht man den Bahnhof, in 430, 713 m über dem Meer, steht auf dem Schild an der Hauswand.
Die Strecke wird schlechter, deformiert von Spurrillen, aber an der nächsten Brücke treffen wir im Frühsommer 2020 auf eine neu bearbeitete Fahrbahn. Ob hier auch eine Asphaltdecke folgen soll?
Es geht zügig hinab nach Krombach, der Ort ist nicht mehr weit.
Kurz vor Krombach trifft der Radweg auf die L 2026. Hier ist die Trasse unterbrochen. Ein kurzes Stück auf der Landstraße, dann biegt ein asphaltierter Weg rechts ab zum Bahnhof Krombach, etwa 0,6 km außerhalb des Ortes. Das Gebäude ist ein Schmuckstück und dient als Wohnhaus.
Den Wegweisern entlang, an der verschütteten Bahnbrücke vorbei wird man durch den Ort geführt.
Wer der alten Bahntrasse folgen will, muss nach der Brücke rechts abbiegen und am zugewachsenen Einschnitt entlang, dann dem Pfad auf der Trasse folgen. Die Route war 2020 zugewachsen und für Normalradler nicht geeignet. Die neu beschilderte Wegführung durch den Ort führt durch die Felder weitab der Bahntrasse nach Ershausen.
Am östlichen Ortsende von Krombach biegt der neue Südeichsfeldradweg nach rechts ab auf einen Feldweg. Ein kurzer kräftiger Anstieg führt auf der recht ruppigen Piste hinauf auf den Hügel.
Weit jenseits der Rapsfelder liegt die Burg Gleichenstein auf einem Bergrücken.
Der Feldweg führt nun hinab ins Tal und tifft dort südlich von Martinsfeld auf die Landstraße. Die steile, steinige Strecke ist alles andere als ein Radweg (Stand 2020), hier müsste dringend nachgebessert werden!
Im Tal des Baches Rosoppe ist der Weg dann asphaltiert und Richtung Eschwege beschildert.
Auf einem schöner neuen Radweg gleitet man nach Ershausen und trifft dort wieder auf die Bahntrasse. Auch dieser Bahnhof dient als Wohnhaus.
Der Weg auf der Trasse ist gut fahrbar, aber die Fahrt ist nicht von langer Dauer. Die Trasse ist zu Ende, die Beschilderung führt zum Radweg entlang der Straße.
Man überquert den Abzweig nach Geismar, etwas weiter talwärts trifft man auf den Kanonenbahn-Radweg, der hier von Lengenfeld aus einmündet.
Vorbei am Bahnhof Großtöpfer erreicht man gemeinsam den Ort an der ehemaligen DDR-Grenze. Auch hier wurde der Radweg neu gestaltet. Die Bahnlinie von Heiligenstadt endete hier seit der Sprengung des Friedaviadukts 1945.
Der asphaltierte Radweg führt weiter nach Frieda zum Anschluss an den Werratalradweg. Der Kolonnenweg der Grenztruppen der DDR ist noch Teil des Radwegs und die Brückenlager des gesprengten Viadukt liegen hoch über der Talsohle.
Das Portal des Fiedatunnels (hier: das Westportal) liegt versteckt im Wald, hier schlafen die Fledermäuse.
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