Von Figaredo nach Urbiés de Turón
Das Tal des Río Turón ("Valle de Turón"), etwa 25 Kilometer südlich von Oviedo, der Hauptstadt Asturiens gelegen, hat eine bewegte Bergbaugeschichte hinter sich. (Der Fluss Turón in Asturien ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Fluss in Andalusien). Die rasche Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum Abbau der reichen Kohlevorkommen der Region, erforderte ein verzweigtes Eisenbahnnetz. So entsanden die heute (fast) vergessenen Minenbahnen, deren Trassen die Basis für die hier beschriebenen Vías Verdes bilden. Die Stadt Miéres, am Río Caudal, mit ihren fast 40.000 Einwohnern ist das Zentrum der Region und Standort für die Erkundung dieser nur wenig bekannten Gegend Spaniens.
Mit der Befahrung der Vía Verde ist der Blick auf "Kohlebergbau-Landschaft" verknüpft und die zahlreichen, aufgegebenen Grubenanlagen künden noch von der einstigen Bedeutung diese Gebietes. Die alten Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge bilden eine Art Freilichtmuseum, ebenso wie die Strukturen der alten Schienenwege, zum Beispiel die kuriosen Stahlträgerbrücken, konstruiert von einem Schüler des berühmten französischen Ingenieurs Gustave Eiffel. Am Rande des Radwegs findet man hin und wieder Informationen und mehrere alte Lokomotiven. teils mit einer Überdachung versehen.
Die Vía Verde del Valle de Turón ist kein durchgängig ausgebauter Radweg! Start und Ende des Radwegs sind nicht klar erkennbar, und man findet nur wenige Informationen über diesen 12,4 km langen Radweg. Eigentlich besteht dieser Bahntrassenradweg aus drei unterschiedlichen Bahnstrecken, die miteinander verbunden wurden. So erklärt sich, dass man zwei steile Rampen in Kauf nehmen muss (siehe Höhenprofil). Die Qualität des Weges ist ebenfalls sehr unterschiedlich, etwa 5 km sind asphaltiert, der Rest ist unbefestigt (Weg). Die gesamte Beschilderung ist mehr als verbesserungsbedürftig, ebenso wie Pflege und Instandhaltung der Strecke. An größeren Bauwerke hat der Radweg ein Viadukt, zwei Tunnel (ohne Licht!) und zwei Stahlbrücken aufzuweisen
Trotz der Mängel dieser Vía Verde lohnt sich ein Besuch dieser Region, die ähnlich wie unser Ruhrgebiet einst eine ländliche Struktur aufwies und die nach der Kohleära und der Demokratisierung Spaniens die Hoffnung auf den "sanftenTourismus" setzte. Das Landschaftsschutzgebiet "Las Cuencas Mineras" am Oberlauf des Río Turón bietet heute Gelegenheit zum Wandern durch eine Region, die einst zerstört durch die Industrialisierung, inzwischen wieder von der Natur zurückerobert wurde. Der Kontrast zwischen den gespenstischen Grubenanlangen, teils für Besucher geöffnet, und der üppigen Vegetation Asturiens bilden das Kapital dieses Radwegs.
Die Geschichte der Bahnstrecke beginnt gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entstehung der Kohleschächte und den Bergbauanlagen im Valle de Turón. Mit dem Bau einer Tranvia (eine Art Straßenbahn, hier für Güterverkehr) und dem späteren Betrieb mit zwei Dampflokomotiven von Figaredo aus ins Tal des Turón im Jahre 1882 und 1889, entstand der regelmäßige Güterverkehr auf den Schmalspurstrecken von und zu den Minenanlagen und den Verladestationen. Die Zahl der Schächte und die Menge an Steinkohle erforderte später den Bau einer Breitspurbahn (1674 mm) zwischen Reicastro (Mieres) und der Kohlewaschanlage "La Cuadriella" im Valle de Turón. Nach den Erinnerungstafeln am Radweg war die Schmalspurbahn, deren Trasse wir folgen, zwischen 1893 und 1972 in Betrieb.
Kohlewaschanlage (Depuradora) nach deutschem und belgischem Vorbild im Valle de Turón
Mit dem Niedergang der Kohleindustrie gegen Ende des 20. Jahrhunderts und der reihenweisen Schließung der Schächte ab 1980 wurden alle Eisenbahnstrecken bis 1991 (Breitspur) und 1994 (Schmalspur) stillgelegt.
In Ermangelung einer eindeutigen Hinweistafel oder eines Wegweisers starten wir an der alten Eisenbrücke über den Río Caudal zwischen Ujo und Figaredo. Nach kurzer Fahrt von nicht einmal 500 m auf der alten Bahntrasse muss innerorts die As-242 überquert werden (Blick zurück).
Kaum zu finden ist der Zugang auf die alte Trasse (ohne Beschilderung).
Etwas weiter nördlich, bei der Kreuzung am Hotel Palacio Figaredo, ist dann ein Radweg beschildert, und man findet eine Infotafel über die regionalen Wege am Río Turón.
Wir folgen aber zunächst dem Weg auf der Bahntrasse an der Sporthalle vorbei. Dort steht noch ein alter Waggon. Eine Brücke führt über den Fluss (Blick zurück) ....
....und endet an einer Treppe. Auf der anderen Straßenseite erkennt man schon den Radweg Richtung Berge. Ein schön asphaltierter Abschnitt folgt der Straße - nicht ganz ohne gefährliche Stolperfallen!
Die Grubenanlage Figaredo (Pozo Figaredo) ist längst außer Betrieb. Weiter aufwärts taucht eine alte "Depuradora" (Kohlereinigungsanlage) auf.
Ganz eben ist die Trasse hier nicht, es geht durch eine kleine Senke. Einige alte Maschinen stehen auf dem Gelände.
Eine kleine Rampe bringt uns auf eine Nebenstraße nach Turón/La Veguina.
Am Ortseingang steht eine alte Lokomotive. Der Tafel ist zu entnehmen, dass die Schmalspurbahn von 1893 bis 1972 in Betrieb war.
Bei unserer Fahrt durch den Ort kommen wir an weiteren alten Loks vorbei.
Am Kreisverkehr an der Grube SanJosé, am Lokdenkmal, biegt die Vía Verde rechts ab und führt eine steile Straße hinauf Richtung Friedhof. Von hier aus hat man einen schönen Blick ins Tal.
Hier findet man auch wieder Wegweiser. Zunächst verläuft der Weg noch eben am Hang entlang....
....doch dann geht es wieder eine steile Rampe hinab ins Tal. An einem alten Brunnen steigt der Weg wieder kräftig bergauf. Ein Gedenkstein an die Mineros steht am Wegrand.
Wir folgen einem schönen Pfad am Felshang entlang. Wir sind auf Höhe der rostigen Fördertürme.
Ebenerdig geht es weiter, war dies die alte Minenbahnstrecke? Auf der anderen Straßenseite liegt die Grube Espinos. Ein Eisensteg führt hinüber zu der alten Anlage mit dem auffälligen Förderturm.
Die alten Anlagen können besichtigt werden.
Zurück über die Brücke folgt man dem Weg Richtung Puente Villandio. Reste alter Rohrleitungen begleiten uns. Viel Platz bleibt hier am Hang nicht!
Der Weg knickt nach rechts ab, wir wechseln auf die andere Flussseite. Auf einenm asphaltierten Weg erreicht man die Grube Fortuna. Über einem Schacht wurde ein Denkmal errichtet.
Auf dem Gelände der Grube "Pozo Fortuna" findet man einige Maschinen und Geräte aus dem Bergbau. (Zur Information: Im Schacht "Pozo Fortuna" wurde ein Massengrab aus der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges gefunden. Ein Denkmal über der Grube erinnert an die grausige Geschichte und die Opfer.)
Unter den alten Maschinen ist auch eine Diesellok gennant "Zitrone" (wegen ihres Querschnitts) aus dem Jahr 1979, die untertage eingesetzt wurde.
Von der Grube aus jenseits der Straße, geht es eine steile Rampe hinauf auf eine alte Bahntrasse. Das alte Maschinenhaus, das als Werkstatt für die Lokomotiven diente, ist heute Ausstellungsraum (leider bei unserem Besuch 2011 verschlossen). Kurz hinter dem Gebäude erreicht man die erste der kuriosen Eisenbrücken, auf denen die Seitentäler überquert wurden. Hier ist ein Abschnitt der alten Minenbahn erreicht, der über Brücken und durch Tunnel der alten Bahnstrecke durch die "Cuencas Mineras" und die üppige grüne Landschaft Asturiens führt.
Ein tiefer Einschnitt liegt hinter uns. Die Eisenbrücke mit den alten Loren hat eine merkwürdige Form: Die Konstruktion ist eckig, die Gleise sind aber (natürlich) in einem Bogen verlegt.
Leider ist das Bauwerk schon stark überwuchert, so dass man nicht ins Tal hinab schauen kann. Hinter der Brücke taucht der erste Tunnel auf: Bielsa, 55 m kurz.
Dann folgt die nächste Brücke, nach den Angaben in den offiziellen Führern von einem Eiffel-Schüler erbaut. Die üppige Vegetation hat alles im Griff.
Dann folgt der zweite Tunnel, Los Pisones, 33 m ( 30 m steht auf dem Schild am Tunnelende).
Das andere Portal ist nicht gemauert. Im Sonnenlicht sieht die asturische Berglandschaft ganz anders aus.
Noch einmal geht es durch den Wald, dann führt eine Rampe hinunter auf die Straße und zu einem Parkplatz (Blick zurück).
Die Beschilderung ist "unübersichtlich". Eigentlich sollte es noch bis zu den Minen von "La Molinera" gehen. Aber von Radweg ist hier keine Spur. Wir folgen der Straße über Etrerríos zurück zur Grube Fortuna und nach Figaredo.
Dieser Radweg mit seinen steilen Rampen, teils ungepflegt, hat mehr den Charakter einer Expedition in die Geschichte der Region, als den Charakter eines Bahntrassenradwegs im üblichen Sinn. Wer sich die Zeit nimmt und sich auf die Gegebenheiten einlässt, kann dieser für uns wenig bekannten Welt im Norden Spaniens ein Stück näher kommen.
Die Beschilderung ist "unübersichtlich". Eigentlich sollte es noch bis zu den Minen von "La Molinera" gehen. Aber von Radweg ist hier keine Spur. Wir folgen der Straße über Etrerríos zurück zur Grube Fortuna und nach Figaredo.
Dieser Radweg mit seinen steilen Rampen, teils ungepflegt, hat mehr den Charakter einer Expedition in die Geschichte der Region, als den Charakter eines Bahntrassenradwegs im üblichen Sinn. Wer sich die Zeit nimmt und sich auf die Gegebenheiten einlässt, kann dieser für uns wenig bekannten Welt im Norden Spaniens ein Stück näher kommen.
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Seite zuletzt geändert am 10.06.2020