Von Irún nach Doneztebe/Santesteban und Oronoz-Mugaire
Im Baskenland, direkt an der Grenze zu Frankreich, führt ein Radweg auf der ehemaligen Bahnstrecke Irun - Elizondo in die Berge der westlichen Pyrenäen. Die Strecke folgt dem Grenzfluss Bidasoa aufwärts und überquerte südlich von Bera (Vera) de Bidasoa die Grenze zwischen dem Baskenland (Gipuzkoa) und Navarra. Die ehemalige Minenbahn ging 1889 in Betrieb und wurde 1956 stillgelegt.
Über den Bau des Radwegs auf der alten Bahntrasse findet man kaum Information, wir haben die Strecke erstmals im Jahr 2010 befahren. Die einzelnen Abschnitte sind qualitativ sehr unterschiedlich, manche Abschnitte haben eine sehr schlechte Fahrbahn, so dass sogar auf der offiziellen spanischen Seite der Vías Verdes zu vorsichtiger Fahrweise geraten wird (Abschnitt Endalarza - Lesaka, ca. 10 km). Sieben der acht Tunnel sind befahrbar, die Beleuchtungen waren 2019 defekt, so dass eine Lichtanlage am Fahrrad notwendig ist.
Der Radweg beginnt fast auf Meereshöhe in Behovia/Behobia, einem Ortsteil von Irun und erreicht nach 36 Kilometern den Ort Doneztebe(125 m ü.NN.) und ca 5,5 km weiter das Ende des Ausbaus am Naturpark Parque natural Señorío de Bértiz in Oronoz-Mugaire. Es existiert keine durchgängige Beschilderung (Stand 2019), nur im ersten Abschnitt (6 km) zwischen Behobia und Endarlaza, der auf dem Gebiet von Gipuzkoa (Baskenland) liegt und neu ausgebaut wurde, findet man Schilder. Verfahren wird man sich dennoch kaum, da Der Weg immer dem Fluss folgt. Der Río Bidasoa nennt sich in seinem Oberlauf Río Baztán und wechselt den Namen ab Oronoz-Mugaire in Bidasoa. Besondere Vorsicht ist bei der Fahrt in den Tunneln geboten, es gibt Schlaglöcher und in den Regenzeiten auch große Wasserpfützen auf der Fahrbahn. Vor Sunbilla (Sumbilla) geht die Strecke dann in eine Betonfahrbahn über. In den Ortschaften ist die Durchfahrt asphaltiert.
Das Kapital dieses Radwegs ist die bemerkenswerte Fluss- und Berglandschaft mit ihrer üppigen Vegetation. Die Strecke verläuft nun nicht mehr abseits des Autoverkehrs, wie noch bei unserer ersten Fahrt beschrieben. Massenhaft nutzen Lastwagen die inzwischen ausgebaute N-121a als kürzeste Strecke zwischen der Landesgrenze bei Irun nach Pamplona. Damit hat auch die Lärmbelästigung stark zugenommen.
Nenneswerte Schwierigkeiten, wie z.B. heftige Steigungen, gibt es auf der gesamten Strecke keine, Verpflegung und Übernachtungsmöglichkeiten findet man ggf. in den Ortschaften entlang der Strecke, es ist sinnvoll, sich vor der Reise darüber zu informieren! Die üppige Vegation lässt schon vermuten, dass öfters mit Regenschauern zu rechnen ist, entsprechende Kleidung ist anzuraten.
Ein guter Ausgangspunkt ist die kleine Stadt Hondarribia, direkt an der Mündung des Río Bidasoa und an der Grenze zu Frankreich. Die hübsche Altstadt ist aber leider zur Hochsaison überfüllt, ansonsten findet man hier Übernachtungsmöglichkeiten. Außer Fahrradfahren lädt das Bergmassiv des Jaizkibel an der wilden Küstenregion zu Ausflügen und Wanderungen ein.
Die alte Bahntrasse, die am Bahnhof Irún-Ciudad begann, ist nur über ein kurzes Stück entlang der Hauptstraße zu erreichen, eine Beschilderung ist sporadisch vorhanden. Man kann sich recht schnell verfahren und im Naturpark am Fluss gibt es keinen Ausweg als zurück in die Stadt, da die Hauptstrecke der Eisenbahn auf einer Straßenbrücke überquert werden muss. Auch in Irun ist die alte Bahntrasse stark überbaut. Aber ein Radweg führt am Fluss entlang zum Stadtteil Behobia (Behovia), und von dort aus kann man den Startpunkt bei der Fasaneninsel nicht verpassen.
Lokomotive VEB Babelsberg Nr. 16005 Baujahr 1950 am Hotel Etxalar
Die ehemalige Minenbahn war ab 1889 zwischen Irún und Endarlaza in Betrieb und wurde erst 1916, 27 Jahre nach der Fertigstellung des ersten Abschnitts, bis nach Elizondo weiter ausgebaut. Die Strecke folgte dem Grenzfluss Bidasoa aufwärts und überquerte südlich von Bera (Vera) de Bidasoa die Grenze zwischen dem Baskenland (Gipuzkoa) und Navarra. Ferrocarril del Bidasoa hieß deshalb diese Bahnstrecke offiziell, im Volksmund nannte man sie "Tren Txikito" (bask. kleiner Junge, span.: tren Chiquito). Die Streckenlänge betrug zunächst nur ca. 10 km und hatte eine Spurbreite von drei "Englischen Fuß" entsprechend 914 mm. Mit dem Ausbau zwischen 1913 und 1916 und der Verlängerung auf 51,5 km sowie der Aufnahme des Personenverkehrs, wurde die Spurbreite auf 1-Meterspur festgelegt.
Die Altstadt von Hondarribia, Plaza de Armas und die Burg, heute Hotel der Parador-Kette
Radweg an der Uferpromenade in Hondarribia
Im Stadtteil Behobia (Irún) fährt man am Fluss entlang. Mitten im Flussbett, im Grenzgebiet zu Frankreich, liegt die unbewohnte kleine Fasaneninsel (Isla de los Faisanes, Île des Faisans), ca.220 Meter lang und 40 Meter breit.
Sie verbirgt ein Kuriosum: Die Hälfte des Jahres wird das Gebiet von Frankreich (Hendaye) verwaltet und die andere Hälfte von Spanien (Gipuzkoa). Vom "Festland" aus erkennt man ein altes Denkmal, die Öffentlichkeit hat nur selten Zugang zu der Insel.
An der Brücke über den Fluss nach Frankreich folgt man dem Radweg geradeaus flussaufwärts am Industriegebiet und den Tankstellen vorbei. Hier hat der Radweg stark gelitten, die Fahrbahn ist gefährlich aufgeworfen und gebrochen!
In diesem Bereich unterquert man die Autobahn AP-1. Danach endet der Asphalt, aber dafür gibt es nun Wegweiser.
Nur noch 6 Kilometer zur Grenze nach Navarra bei Endarlatsa. Noch geht es entlang der neu ausgebauten Nationalstraße, dann biegt der Radweg ab und führt durch die Auen entlang des Río Bidasoa.
Auf der Straße oberhalb der Trasse gab es im Jahr 2010 nur geringen Verkehr, 2019 dringt der Lastwagenlärm oft weit durch die Landschaft. Bei der Befahrung einer Teilstrecke 2024 hat uns der Lärm sehr gestört.
Der Bahnhof von San Miguel ist erreicht. Die alte Inschrift ist erhalten geblieben, ein Neuausbau scheint im Gange.
Die Grenze zur Autonomen Gemeinschaft Navarra rückt näher. Noch ein kurzes Stück der Fahrbahn ist betoniert, dann endet der Ausbau der Vía Verde (Blick zurück).
Im Grenzbereich oberhalb der Straße steht ein Wehr-Turm, auf der anderen Flusseite erkennt man das Gebäude des alten Kraftwerks von Endarlaza.
Nun führt die "naturnahe" Strecke am linken Flussufer talaufwärts, der kürzliche Regen hat die Schlaglöcher gut gefüllt.
Felswände rücken heran. Um die Bahnstrecke in diesem Abschnitt zu bauen, wurden 5 Tunnel grob aus den Felsen gehauen.
In den Tunneln ist es dunkel und feucht, man muss mit Pfützen und Schlaglöchern rechnen.
In dem langen Tunnel gibt es eine trübe Beleuchtung mit Einschaltknopf, hier funktioniert sie noch. Oberhalb der Tunnel verläuft die neue Straße, in dem engen Tal bleibt wenig Platz!
Dann öffnet sich das Tal, mehrere alte Brücken überqueren die Trasse. Vor Bera de Bidasoa dann ein Stück asphaltierter Radweg.
In Bera hat man einen tollen Blick über den aufgestauten Fluss.
Die steinerne Brücke Puente de San Miguel war 1813 Schauplatz heftiger Kämpfe während des Spanischen Unabhängigkeitskrieges (Guerra de la Independencia Española). Von dort aus, Richtung Norden, gen Frankreich, erhebt sich das markante Profil des Berges La Rhune (Larrun) mit 905 m ü.NN. Der Gipfel wird von einer Zahnradbahn angefahren.
In Bera musste man früher die Nationalstraße überqueren - ein gefährliches Unterfangen. Nun führt ein Fahrrad-Fußgänger-Tunnel unter der Straße durch. Die Zufahrt war 2019 beschildert. Auf der anderen Seite blickt man hinab zum aufgestauten Fluss.
Es folgt ein Abschnitt offener Weidefläche, dann taucht man wieder ein in den grünen "Dschungel", begrenzt von steilen Felswänden. Die Fahrbahn ist voller Schlaglöcher, bei Regen bilden sich tiefe Pfützen.
Der Gasthof an der Brücke bei Lesaka lädt zu einer Pause ein (falls geöffnet). Hier, wo sich heute der Parkplatz einer Speditionsfirma befindet, stand früher das Bahnhofsgebäude. Weiter flussaufwärts, nahe dem Ort Etxalar, führt die Trasse durch einen 208 m langen Tunnel.
Der Ausgang ist wegen der Krümmung nicht einsehbar. Wenn nicht Vandalen die Anlagen zerstört haben, ist der Tunnel beleuchtet. Verlassen sollte man sich aber lieber auf eine eigene Lampe am Fahrrad! Am anderen Ende des Tunnels wurde die Röhre mit Beton etwas verlängert, die Straße überquert hier die alte Trasse.
Dann fährt man an einer gewaltigen Natursteinmauer entlang, die zur Befestigung der neuen Nationalstraße notwendig wurde. Auch der Radweg wurde hier asphaltiert.
Eine Brücke führt hinüber zur alten Landstraße. Von hier hat man einen schönen Blick auf den Fluss.
Nur 6 km sind es bis nach Sunbilla. Es folgt ein Tunnel, der eine enge Flussschleife abkürzt. Die Fahrbahn ist neuerdings betoniert. Licht? Fehlanzeige, ohne Kabel geht nichts mehr!
Eine blaue Stahlkonstruktion überquert den Bidasoa, der hier schon recht schmal erscheint. Weniger romantisch ist das Betonkonstrukt der neuen Nationalstraße, die unbeirrt das Flusstal und die alte Bahntrasse überquert.
Der Radweg wurde hier neu ausgebaut: eine einwandfreie Fahrbahn, sogar Geländer sind vorhanden. Der schmale Fluss ist durch ein Wehr aufgestaut.
In Sunbilla findet man Infotafeln zur Strecke. Die Fahrbahn ist betoniert, hier fährt auch der motorisierte Verkehr. Am Ortsausgang geht es wieder durch einen Tunnel.
Und wieder ein kurzer Abschnitt durch den Wald und noch ein Stauwehr und ein kurzer Tunnel. Der Ortsrand von Doneztebe/San Esteban ist erreicht.
Hier mündet der Fluss Ezkurra in den Río Bidasoa, der seinen Namen nur ein paar Kilometer weiter flussaufwärts, im Ort Oronoz-Mugairi in Río Baztán verwandelt.
Hier endete in der Vergangenheit der Radweg. Die Beschilderung ist eher spärlich, aber mit Fragen fanden wir dann doch den Anschluss weiter Richtung Elizondo. Schon lange wird der Weiterbau nach Elizondo zum Ende der ehemaligen Bahnstrecke diskutiert, nun erkunden wir erstmal die weiteren 5,5 km zum Nationalpark bei Oronoz-Mugairi.
Am Ortseingang in Doneztebe/Santesteban, am Fluss gibt es einen kleinen Park, gut für eine Rast.
Der Eurovelo 1 hat seine Wegweiser erhalten, die Internetadresse viaverdebidasoa.com ist aber nicht mehr aufrufbar. Legasa ist aber schon mal richtig. Natürlich finden wir den Radweg am Rande des Flusses.
Die Reste der Frontera Infranqueable (unüberwindlichen Grenze), die nach dem Ende des Spanischen Bürgerkriegs geschaffen wurde und eine 40-jährige Diktatur einleitete. Der Radweg begleitet zunächst den Fluss.
Dann fährt man am Waldrand entlang. Von der Eisenbahn sind keine Relikte mehr zu sehen.
Der Weg führt uns in den Ort Legasa, etwa 250 Einwohner. Schnell ist man schon wieder auf der Strecke..
Dann teilt sich der Weg. Links führt der "alte" Radweg unter der Straße durch, dann zur Tankstelle, rechts den Berg hinauf die "neue" Alternative, die später wieder in die Via Verde mündet.
Am Rande des vom Straßenbau zerstörten Radwegs findet man noch eine mächtige Stützmauer, die vom "Dschungel" fast verschluckt wird. Evtl ein Relikt der Eisenbahn? Fast zugewachsen: der einstige Radweg.
An diesem Durchlass treffen sich die beiden Wege. Die Wegweiser sind kaum noch lesbar, dafür gibt es ein Trainingsgerät, falls die Radler noch nicht ausgelastet sind.
Noch ein kurzes Stück durch den Wald bergab, Vorsicht bei Nässe rutschig! An den Mäuerchen entlang, ganz schön eng.
Wir überqueren die Straße und fahren am Palacio de Reparazea vorbei direkt auf die gleichnamige Brücke zu
Versteckt hinter wildem Bewuchs taucht die steinerne Brücke El puente de Reparazea, oder auch Puente de Oieregi auf. Das Bauwerk stammt wohl aus dem Mittelalter und wurde in den 1990er Jahren restauriert. Heute sind die Brücke und der Palacio als Kulturgut anerkannt.
Gemächlich fließt der Bidasoa zu Tal. Das Springen von der Brücke ist übrigens verboten!
Am anderen Ufer befindet sich ein Tor in den Naturpark Señorío de Bértiz.
Hier endet unsere Fahrt. Ob es irgendwann mal weitergeht mit der Vía Verde del Bidasoa? Nach Elizondo, dem Ende der damaligen Bahnstrecke, sind es Luftlinie ca. 7 km. Die Schwerpunkte für Investitionen scheinen jedoch anders gesetzt. Zum Glück gibt es da noch die Baskische Mythologie mit ihren Fabelwesen wie die Lamias, die in Oieregi und im Valle de Baztan zu Hause sind. Und solange der Basajaun über die Wälder (und Vías Verdes*?) wacht, hat die Natur vielleicht doch noch eine Chance.
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