Anstelle der Umwandlung nicht mehr genutzter Bahnstrecken in Fahrradwege, bietet sich auch die Verwendung als Draisinenstrecke an. Dies setzt natürlich voraus, dass die Gleise noch vorhanden und in brauchbarem Zustand sind.
Der Abschnitt der zweigleisig angelegten Kanonenbahn im thüringischen Eichsfeld von Dingelstädt nach Geismar ist eine sehr attraktive Strecke. Von der Hochebene des Eichsfelds hinab ins Werratal wurden aufwändige Bauwerke benötigt, damit die Lokomotiven dem Höhenunterschied von rund 150 Metern auf 13 km bewältigen konnten. Fünf Tunnel von zusammen etwa 2,5 km, drei große Viadukte und mehrere kleine Brücken waren auf diesem Trassenabschnitt notwendig. Alleine der Küllstedter Tunnel ist mit seinen 1530 m Länge für die damalige Zeit ein respektables Bauwerk und ist nach Fertigstellung des Radwegs im Jahr 2019 der längste Fahrradtunnel Deutschlands. Auch das spektakuläre eiserne Viadukt von Lengenfeld, das mit 244 m Länge in 24 m Höhe den Ort überspannt, ist eine Attraktion.
Die gleichmäßige Steigung der Bahntrasse ist mit den Fahrrad-Draisine gut zu bewätigen, und die Talfahrt durch Tunnel und über Brücken ist nicht nur für Kinder ein toller Spaß! Wegen der vielen Tunnel sind die Draisinen mit einer Lichtanlage ausgerüstet. Die längen Tunnel sind darüber hinaus beleuchtet.
Die Erfindung der Draisine geht übrigens auf den badischen Erfinder Karl Drais (1817) zurück. Die Entwicklung seiner Erfindung führte von der Laufmaschine zur Eisenbahn-Draisine und auch zum Fahrrad.
Mit großem Engagement hat der Eichsfelder Kanonenbahnverein in Lengenfeld unterm Stein (nicht mit Lengefeld verwechseln!) den Abschnitt Lengenfeld - Dingelstädt in eine Draisinenstrecke verwandelt. Auf der Webseite der "Erlebnis Draisine" findet man alles über Anmeldung, Termine und Preise.
Es sind 3 Routen möglich (Angaben hin und zurück, ohne Gewähr):
(1) Lengenfeld - Küllstedt: 26 km, ca. 4 Stunden
(2) Lengenfeld -.Geismar: 7 km, ca. 1 Stunde
(1) Lengenfeld - Küllstedt - Dingelstädt: 42 km, ca.6 Stunden, (Sonderfahrt! Anfrage erforderlich!)
Die interessanteste Route ist die Fahrt nach Küllstedt 13,6 km,(einfache Strecke), für die Fahrt bergauf und zurück zum Bahnhof sind maximal 4 Stunden eingeplant. Die Draisinen müssen zu einer festen Uhrzeit gewendet werden, was mit den vorhandenen Drehscheiben kein Problem ist. Die Talfahrt nach Geismar hat leider keine Tunnel und Viadukte mehr zu bieten.
Einfahrt in den Küllstedter Tunnel (Ostportal 2011, vor dem Ausbau des Radwegs)
Wer Spaß an der Sache hat, findet bei www.bahntrassenradeln.de eine Übersicht über alle Draisinenstrecken in Deutschland.
Einst führte die Strecke der Kanonenbahn von Lengenfeld weiter talwärts nach Frieda an der Werra. Das Frieda-Viadukt, nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze schon auf hessischem Gebiet, das mit fast 100 m Länge und knapp 26 m Höhe das Tal überspannte, wurde bereits 1945 gesprengt. Der kurz darauf folgende Frieda-Tunnel (1066 m) diente ab 1947 noch lange Zeit als Versuchseinrichtung der Bundesbahn, wurde dann aber 1989 geschlossen und teilweise verfüllt.
Wenn man von Frieda und Geismar aus nach Lengenfeld kommt, biegt man kurz nach der Einfahrt in den Ort rechts ab Richtung Bahnhof. Die Wegweiser zur Draisinenstrecke sind gut sichtbar angebracht. Wir beschreiben die Strecke vom Bahnhof Lengenfeld aufwärts nach Dingelstädt. (Die kurze Talstrecke nach Geismar bietet keine großen Attraktionen wie z.B. Tunnel oder Viadukte).
Das riesige Viadukt (24 m hoch, 244 m lang) führt quer durch den Ort und dominiert das gesamte Bild.
Am Bahnhof Lengenfeld unterm Stein warten die Draisinen in ihrer “Garage” auf die Abfahrt. Fahrkarten für die Fahrten erhält man im restaurierten Waggon (ggf. Voranmeldung!)
Letzter Check der Draisinen, dann geht es aufwärts zum Viadukt. Vor der Auffahrt steht links der Strecke das renovierte Bahnwärterhaus.
Die Fahrt über das Viadukt ist sicher einer der Höhepunkte der Strecke! In luftiger Höhe überquert man den Ort hoch über den Dächern.
Die nun rostigen Träger der einst zweigleisigen Strecke mussten früher die schweren Züge tragen. Das Viadukt mit 244,1 m Länge und einer Höhe von 24 m wurde im Jahr 1879 fertiggestellt.
Am Schloss Bischofstein, heute ein Pflegezentrum - trifft der 2019 fertiggestellte Kanonenbahnradweg auf die Bahntrasse und führt auf dem zweiten Gleisbett Richtung Dingelstädt.
Jetzt geht die Fahrt durch den 288 m langen Entenbergtunnel - hier noch ein Foto aus der Zeit vor dem Radwegebau.
Manchmal ist auch die Elektrodraisine auf der Strecke unterwegs. Noch einmal kräftig in die Pedale treten, dann erreicht man Großbartloff .
Der ehemalige Haltepunkt liegt direkt vor dem 198 m langen Heiligenbergtunnel.
Licht am Ende des Tunnels! Die nächste Plattform ist am Haltepunkt Rottenbach.
Schon folgt der Große Mühlbergtunnel (343 m) und dann der Haltepunkt Effelder.
Der kleine Mühlbergtunnel (155 m) ist der einzige kerzengerade Tunnel der Strecke (Foto: 2017). Wir passieren nun einen felsigen Abschnitt.
Am Haltepunkt Luttergrund wurde die kleine Brücke für den Radweg erneuert . Es geht merklich weiter bergauf, zum Haltepunkt Hübental.
Dann liegt das Westportal des Küllstedter Tunnel vor uns.
Die beiden Tunnelportale haben schöne Türmchen, über dem Westportal steht die Jahreszahl 1875.
Ein eiskalter Hauch weht aus dem Tunnel, 1530 m können da schon lang werden! Also, Jacken zu und Mütze auf! Inzwischen ist auch hier der Fahrradweg fertig und der Tunnel ausgeleuchtet. Außerdem haben die Draisinen Scheinwerfer.
Das Ostportal ist erreicht, es wird wieder heller - und wärmer. Verspielte Türmchen zieren die Einfahrt, der Schlussstein über dem Portal trägt die Jahreszahl 1879 - ca.4 Jahre Bauzeit.
Weiter geht die Fahrt, über das Büttstedter Viadukt.
Weiter Richtung Bahnhof Küllstedt. Vorsicht an der Weiche!
Vorbei am alten Bahnhof Küllstedt - dann endet die Routinestrecke der Draisinen. Hier gibt es einen Rastplatz und eine Gaststätte. Für die Rückfahrt müssen die Draisinen gewendet werden, geht ganz einfach auf den Drehscheiben. Ab 2017 war erstmals die Weiterfahrt zum Bahnhof Dingelstädt möglich. Diese Draisinenstrecke gilt als Sonderfahrt und muss im voraus gebucht werden.
Auch der lange geplante Ausbau des Kanonenbahn-Radwegs ist inzwischenabgeschlossen. Der erste Abschnitt des Radwegs auf dem 2. Gleisbett vom Bahnhof Küllstedt zum Bahnhof Dingelstädt (Schranke) wurde schon im August 2017 freigegeben.
Der gesamte Kanonenbahnradweg von Großtöpfer nach Dingelstädt wurde Ende Oktober 2019 eröffnet.
Für die Draisinenfahrt von Küllstedt nach Dingelstädt setzen wir die Draisine auf das 2. Gleis um (2017) Dann geht es wieder leicht begab zum Zielbahnhof, die Höhendifferenz beträgt aber nur rund 25 Meter.
Die folgenden Bilder zeigen die Strecke vor und nach dem Radwegebau nebeneinander.
Wo Anfang 2017 noch Gleise lagen, ist nun der fertige Radweg parallel zur Draisinenstrecke.
An der kleinen Brücke waren aufwändige Arbeiten notwendig.
An den Fragmenten der alten Pfeiler vorbei.
Der Radweg überkreuzt die Gleise der Draisinenstrecke - ein Bild während der Bauarbeiten.
Eine neue Brücke entsteht.
Noch einmal kreuzt der Radweg die Trasse.
Die Brücke der L2032
Fahrt über das Kefferhäuser Viadukt - über die K220 und die Unstrut - 26 m hoch und 50 m lang
Haltepunkt Kefferhausen
Brücke der L1005 (nach Heiligenstadt)
Und noch eine kleine Brücke (li Bild: Blick zurück)
Ende/Beginn des Radwege-Ausbaus auf der Bahntrasse an der Bahnhofstraße in Dingelstädt
Die Draisinenstrecke führt noch ein kurzes Stück weiter zum Bahnhof. Schrankenposten Nummer 5 an der Straßenkreuzung: für die Draisine muss die Schranke mit dem Schlüssel geöffnet werden.
Der Bahnhof Dingelstädt wird restauriert und soll eine Herberge werden. Radweg und Draisinenstrecke enden dort. Der Verlauf des Kanonenbahnradwegs wird auf einer eigenen Seite noch genauer besprochen.
In der anderen Richtung der ehemaligen Kanonenbahn, von Lengenfeld Richtung Werratal, schlummert versteckt im Gehölz der teilweise zugeschüttete Friedatunnel, der heute nur noch den Fledermäusen gehört.
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Seite zuletzt geändert am 02.07.2020